Danke nach Mossul

Liebe zeitkritische Geister in kritischer Zeit.

Ich möchte allen jenen Lesern meines Newsletters danken, die am vergangenen Samstag, 29.08.2015 um 12:00 Uhr, der verfolgten Christen gedachten indem sie eine Kerze entzündeten oder ein stilles Gebet sprachen. Insbesondere danke ich jenen Pfarrerinnen und Pfarrern, die auch gegen den offiziellen kirchlichen Trend des Verschweigens die Glocken rufen ließen. Ohne jetzt Namen zu nennen, weiß ich von Pfarrern, die aus ihrem Urlaub ihre Küster anwiesen, am letzten Samstag die Glocken einzuschalten.

Ich erlaube mir, auch zwei Bischöfen und einem Pfarrer zu danken, obwohl sie die Glocken in Deutschland und anderen Ländern nicht hören konnten. Dankbar sollten wir für ihre deutlichen Worte sein, die überhaupt nicht dem Zeitgeist gefallen. Wen meine ich?

1) Zunächst ist es der syrisch-orthodoxe Erzbischof von Mossul, Nicodemus Daoud Sharaf. Er beklagte leidvoll das Schweigen der muslimischen Führer und ihren fehlenden Protest gegenüber dem Islamischen Staat. Noch nicht einmal ihre Anteilnahme am Schicksal der Christen würden sie ausdrücken, noch Hilfe anbieten. Muslimische Nachbarn hätten sich sogar gegen Christen gewandt. Von einer anderen Quelle weiß ich, dass sie die Häuser der Christen plünderten, nachdem sie geflohen waren. Ausdrücklich verneint er die Frage, ob der Islam eine friedliche Religion sei. Man müsse nur in den Koran oder die Biographie Mohammeds schauen. Schon in der Gründerzeit hätten Muslime die Christen getötet, wenn sie sich nicht zum Islam bekehrten oder die Kopfsteuer nicht bezahlen konnten. Der islamische Staat mache in Mossul und anderswo nichts anderes!

2) Ich möchte auch im Namen eines katholischen Pfarrers im irakischen Erbil danken. Douglas Joseph Schemschon Al-Bazi ist überzeugt, dass ein „Völkermord“ an den Christen stattfindet. Schlimmer als die Sorge um Essen und Medizin sei die völlige Hoffnungslosigkeit geflohener Christen, die er in zwei Aufnahmelager betreut. Die kommende Generation des Islamischen Staates werde noch schlimmer sein. Ausdrücklich betont auch Pfarrer Al-Bazi, dass die Sunniten des Islamischen Staates „hundertprozentige Muslime“ seien, welche wie ihre Vorfahren zur Zeit Mohammeds leben. Er wehrt sich unmissverständlich gegen die gängige Meinung, sie seien keine wahren Muslime.

3) Auch Yohanna Petros Mouche, syrisch-katholischer Erzbischof von Mossul, bedauert, dass die Christen ihren muslimischen Nachbarn nicht mehr vertrauten, weil diese sie an den islamischen Staat verraten hätten. Wörtlich zitiert der Erzbischof geflohene Christen: „Sie haben sich den IS-Kämpfern angeschlossen und uns in unseren Häusern angegriffen. Wir wollen nicht mehr mit ihnen leben.“ Mehr als deutlich beklagt der Erzbischof den zögerlichen Umgang des Westens mit dem Islamischen Staat: „Die Menschen im Westen kämpfen für den Erhalt vom Aussterben bedrohter Tierarten. Wie können sie dann zusehen, wenn ein ganzes Volk vertrieben wird?“ Fast leidenschaftlich appelliert der Erzbischof an die Internationale Staatengemeinschaft: „Gebt euch Mühe, den IS aus dem Land zu vertreiben! Heute sind sie bei uns. Morgen werden sie bei euch sein!“

Vielleicht wäre es ein kleines Zeichen der Solidarität und inneren Verbundenheit mit den Verfolgten Christen, wenn Sie eine Kerze anzünden und ein stilles Gebet sprechen. Könnten vielleicht Pfarrerinnen und Pfarrer in ihrer Predigt diese Möglichkeit empfehlen?

Mit freundlichem Gruß
Wilfried Puhl-Schmidt

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